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Z A H N A E R Z T E K A M M E R . A T

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ÖZZ Ausgabe 2/2025

C O V E R S T O R Y

Ameri:

Der Zahnarztmangel ist ein Riesenproblem. Ich habe

beispielsweise eine Warteliste für Neupatient:innen, auf der

diese durchschnittlich drei Jahre stehen, bis zeitliche Kapazi-

täten frei werden, um sie aufzunehmen – und das alles, ohne

dass ich jemals einen Cent in Werbe- oder Online-Kommunika-

tionsmaßnahmenwie zumBeispiel eineWebsite gesteckt hätte.

Den Patient:innenandrang spüren alle, die auf dem Land eine

Praxis eröffnen. Daher braucht es dringend Gegenmaßnahmen

wie leicht erhöhte Tarife für Landpraxen, um deren Attraktivität

zu steigern. Auf jeden Fall ist es ein guter Ansatz, den Jung-

kolleg:innen zufriedene Landzahnärzt:innen zu präsentieren,

da sie meist das individuelle Risiko einer Ordinationseröffnung

auf dem Land nicht richtig einschätzen können. Ich persönlich

finde es wesentlich mutiger, in die überfüllte, harte Konkurrenz

in Wien einzusteigen.

ÖZZ: Dr. Höllwarth, wie sehen Sie die Entwicklung der zahnärzt-

lichen Versorgung in der Stadt?

Höllwarth:

Es gibt mittlerweile ausreichend Kolleg:innen und

Ambulatorien in der Stadt St. Pölten, daher ist auch die Versor-

gung der Patient:innen zufriedenstellend abgedeckt.

ÖZZ: Mit welchen spezifischen Herausforderungen ist eine Nie-

derlassung auf dem Land konfrontiert?

Ameri:

Bei uns ist es nicht üblich, dass Zahntechniker:innen

regelmäßig in dieOrdination kommen.Wenn schwierige Fälle ge-

löst werdenmüssen, steht man in engem telefonischen Kontakt,

macht aber dennoch den Großteil selbst. Zudem ist man auf die

Post angewiesen, denn wenn ein EMS-Paket nicht rechtzeitig

oder gar nicht geliefert wird, stehen Patient:innen einen weite-

ren Tag ohne Zahnersatz da. Und natürlich ist es aufgrund des

längeren Anfahrtsweges schwieriger, eine Vertretung zu finden.

ÖZZ: … und in der Stadt?

Höllwarth:

Ob in der Stadt oder auf dem Land – ich denke, dass

die Herausforderungen häufig dieselben sind – besonders hin-

sichtlich der Personalsuche. Das Problem, gute und engagierte

Mitarbeiter:innen zu finden, wird künftig mit Sicherheit viele,

wenn nicht sogar alle, betreffen.

ÖZZ: Hat sich die Situation in den vergangenen zehn Jahren ver-

ändert? Wenn ja, wie? Welche Maßnahmen setzen Sie?

Ameri:

Die Situation hat sich in den vergangenen zehn Jahren

dahingehend verändert, dass es zu einer Überalterung gekom-

men ist. Vielemeiner Kolleg:innen gehen in den nächsten Jahren

in Pension, wenige rücken nach. Daher unterstütze ich junge

Kolleg:innen sowohl beruflich als auch beim Ordinationsauf-

bau und der Personalsuche. Es ist mir ein Anliegen, engagierte

DDr. MinuAmeri

ist seit 2002 niedergelassene Zahnärztin

in Hohenberg (Niederösterreich).

Dr.ThomasHöllwarth

ist seit 2001niedergelassenerZahn-

arzt in St. Pölten.

Zur Person

und versierte Zahnärzt:innen imUmfeld zuwissen, diewährend

meines Urlaubsmeine Patient:innen betreuen. Fakt ist, dassman

nicht alles aus Büchern lernen kann, vieles ist Erfahrungssache,

und genausowie mein Vater jederzeit ansprechbar und hilfreich

war, möchte ich ebenfalls für Kolleg:innen erreichbar sein, wenn

sie Fragen haben.

Höllwarth:

Was sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich

verschlechtert hat, ist die Möglichkeit, gute und loyale Mitar-

beiter:innen zu rekrutieren. Mein Weg ist es, Lehrlinge zu be-

schäftigen, sie gut auszubilden und anständig und respektvoll

zu behandeln.

ÖZZ: Dr. Höllwarth, Sie arbeiten seit Kurzem mit Ihrer Tochter

zusammen –wie beurteilen Sie dasArbeiten vonmehrerenGene-

rationen in einer Ordination?Welche Vor- und Nachteile gibt es?

Höllwarth:

Ich sehe es als große Bereicherung, wenn auch damit

zugegebenermaßen diverse Umstellungen und Veränderungen

einhergehen. Das Jobsharing-Modell bringt auch sehr viel Er-

leichterung, dennwir profitieren beide voneinander und können

unsmiteinander austauschen. Ich denke, dass die Zeit der Einzel-

kämpfer:innen vorbei ist und die Spezialisierung mit mehreren

Kolleg:innen in einer Ordination die Zukunft sein wird. Alles in

allem freue ich mich sehr, dass meine Tochter gerne mit mir in

meiner Ordination arbeitet und auch plant, diese fortzuführen.

Das dürften auch die Patient:innen so sehen, denn ich bekomme

viel positives Feedback.

ÖZZ: Wie lautet Ihre Botschaft an junge Kolleg:innen?

Ameri:

Traut euch! Auf dem Land ist es schön und das Maß der

tagtäglichenWertschätzung ist inWien nicht annähernd so hoch.

Die Patient:innen müssen nicht beinhart erkämpft werden, und

es macht wirklich Spaß, hier zu arbeiten. Sollte es meine Ge-

sundheit zulassen, werde ich sicherlich bis 70 arbeiten. Kein

Burn-out in Sicht!

Höllwarth:

Keine Angst vor der Gründung oder Übernahme von

Zahnarztordinationen – egal ob in der Stadt oder auf demLand…