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ÖZZ Ausgabe 3/2025
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KOLLEGIALER
LANDMARK-FORSCHER
Der österreichische Zahnarzt und einer der Vertreter der Wiener Schule
Rudolf Kronfeld gilt als Begründer der Oralpathologie und Oralhistologie.
In den USA hat er in den nur zehn Jahren seiner wissenschaftlichen Tätig-
keit in den 1930er-Jahren zahlreiche Landmark-Forschungsergebnisse
vorgelegt.
Von Manuela-Claire Warscher
Das Entsetzen in der amerikanischen Fachwelt war groß, als im Fe-
bruar 1940 der Selbstmord des engagiertenWiener Zahnmediziners
und Begründers derOralpathologie undOralhistologie, Rudolf Kron-
feld (1901-1940), bekanntwurde. Sein Kollege an der Loyola-Univer-
sität in Chicago, Warren Willman, schrieb fassungslos: „Es scheint
unglaublich, aber es ist wahr.“ In ihren Nachrufen hoben Willman
und zahlreiche andere US-amerikanische Kolleg:innen Kronfelds
fachliche Errungenschaften hervor, betonten aber vor allem seine
Kollegialität und Liebenswürdigkeit. „Er hattemehr Freunde, als das
für einen Menschen üblich ist“, erinnert sich Willman.
Tatsächlichwar Kronfelds Karriere einzigartig: Als nur 28-Jähriger
wurde der Wiener im Mai 1929 als Professor of Histology and
Pathology und als Director of the Research Departement an die
Loyola-Universität in Chicago berufen. Zuvor hatte er eine Zeit
lang imTeam von Bernhard Gottlieb (1855-1959), dem Leiter der
histopathologischenAbteilung, gearbeitet und seine umfassende
Grundausbildung bei niemand geringerem als dem Histologen
Julius Tandler und dem Pathologen Carl Julius Rothberger ge-
nossen. Später folgte sein für die Zulassung als Zahnarzt ver-
pflichtendes Studiumder Zahnheilkunde in den USA, das er 1933
als Doctor of Dental Surgery abschloss.
Landmark Forschung
in den USA
In den knapp zehn Jahren, die Kronfeld in den USA forschen
sollte, gelangen ihm bahnbrechende Erkenntnisse. Die Grund-
lage dafür war die Methode der 1923 gegründeten Wiener
Schule, parodontale Erkrankungen anhand von menschlichem
Autopsiematerial zu ergründen. Bereits im ersten Jahr an
der Layola-Universität publizierte er zahlreiche Arbeiten mit
histologischen Schwerpunkten wie Endodontie oder Neo-
plasien.
1933 folgte der beachtenswerte Beitrag im „Journal of the Ame-
rican Dental Association“, in dem Kronfeld gemeinsam mit dem
Rektor der Loyola-Universität, WilliamH. G. Logan (1872-1943),
anhand von Autopsiematerial von Knochen und Zahnsubstanz
von Säuglingen und Kindern bis zum 15. Lebensjahr die Chro-
nologie des Wachstums und der Kalzifizierung uneruptierter,
permanenter Zähne darlegte. Mit der Celloidin-Technik ver-
mochten Kronfeld und Logan Hart- und Weichgewebe in sechs
bis acht Zentimeter großen, mikroskopischen Schnittpräparaten
darstellen.
Zahnmedizin anno dazumal
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