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L A N D E S I N F O S

Z A H N A E R Z T E K A M M E R . A T

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ÖZZ Ausgabe 3/2025

ÖZZ:Wie ließ sich die sehr zeitaufwändige, politischeTätigkeit

mit denAufgaben als niedergelassene Zahnärztinvereinbaren?

Gredler

: Das war eine große Herausforderung. Das Gute war,

dass gerade die Umstellung von händischer auf elektronische

Karteiführung stattfand. Während ich also im Parlament in

diversen Sitzungen und Ausschüssen saß, warenmeine Assis-

tentinnen damit beschäftigt, alle Patient:innenakten ins Com-

putersystemeinzutragen. Daswäre in einem laufenden Betrieb

so gar nicht möglich gewesen. Später habe ich dann immer

Vertretungsärzt:innen in der Ordination gehabt. Auch von-

seiten der Kammer habe ich damals Unterstützung erfahren.

ÖZZ: Welche Aufgaben hatten Sie im EU-Parlament?

Gredler

: Als einzige Medizinerin in der liberalen Fraktion war

ich für die Gesundheit zuständig. Allerdingswarmein Haupttä-

tigkeitsbereich der Budgetausschuss. Ich habewie eine Löwin

gekämpft, damit ich diesen Ausschuss bekomme. Dennmeine

Überlegung war, dass alles über die Finanzierungsschiene ge-

klärt werden müsste. Zu Beginn musste ich mir unglaublich

viel Wissen aneignen, weil mir viele Dinge vollkommen fremd

waren. In dieser Positionmussman sich auch darauf einstellen,

dass man einmal als Freund und später als Feind betrachtet

wird, wenn es mit der Finanzierung Probleme gibt. Das ist

wohl allgemein das Problemeines „Budgetisten“. Rückblickend

muss ich sagen, es war eine unglaubliche Lernkurve für mich,

auch dank meines sehr professionellen Teams, das mir zur

Seite stand. Meine Sprachgewandtheit hattemirmancheTüren

geöffnet. Das war im außenpolitischen Ausschuss mein Joker.

ÖZZ: Warum ist die politische Aktivität, auch von Zahnärzt:in-

nen, bedeutsam?

Gredler

: In der Politik verhält es sich so: Wenn niemand dich

und deine Interessen imParlament vertritt, zählst du nicht be-

ziehungsweise kaum! Wenn wir Zahnärzt:innen also nieman-

den imParlament haben, der unserenBerufstand repräsentiert,

werden Entscheidungen über unsere Köpfe hinweg getroffen,

leider oft von Kaum-Kundigen. Daher muss man Kolleg:innen

motivieren, sich früh in den diversen Parteien zu engagieren.

ÖZZ: Was ist Ihr diesbezüglicher Rat?

Gredler

: Junge Kolleg:innen sollen auf ihre Fähigkeiten ver-

trauen, dabei aber nicht beratungsresistent sein. Man sollte

das, was die Erfahrenen sagen, auch annehmen können, aber

sich die Kreativität und Vision der Jugend bewahren. Ich rate

allen, die sich interessieren: Engagiert Euch und seid dabei

transparent und flexibel. Jede Entscheidung muss nachvoll-

ziehbar sein und so kommuniziert werden. Man muss in der

Politik immer darauf achten, dass die Gegner:innen den Raum

aufrecht verlassen können. Man muss Dinge diplomatisch so

fein formulieren, dass die Tür zum:r Gegner:in immer offen-

bleibt. Bessermiteinander als gegeneinander. Ist dieTür einmal

zu, dann ist es schwer, sie wieder zu öffnen. Außerdem seid

visionär und offen – denn rückwärtsgewandt in die Zukunft

gehen, funktioniert nicht. Das Jammern “früher war alles bes-

ser“ ist kein politischer Zugang.

ÖZZ:Was hat Sieveranlasst, die politischeKarriere zubeenden?

Gredler

: Da ich eine Zeit lang außenpolitische Sprecherin der

Partei war, erhielt ich nach meiner Parlamentstätigkeit einige

Angebote im Ausland. Da war ich Mitte 30. Ich wusste, in der

Position bin ich vier Jahre gebunden und dann die Ordination

nochmal neu zu starten, wäre nicht mehrmöglich gewesen. Ich

musste also auf eineweitere politische Karriere verzichten, um

meine Selbstständigkeit zu behalten. Bei den Freien Berufen

gibt es kein Auffangbecken. Auf die Politik zu verzichten, fiel

mir allerding nicht leicht. Aber die politische Arbeit ist auch

kräftezehrend. Anfangs bemerkt man das kaum, weil man alles

mit so viel Enthusiasmus erledigt, abermit der Zeit schwinden

die Kräfte. Es gab eine Zeit, da hatte ich in zehnWochen keinen

freienTag – nicht einmal sonntags. Unter derWoche sitzt man

imFlieger, inAusschüssen, bei Beratungen… amWochenende

hast du Sitzungen im eigenen Land, an denen du gerne teil-

nimmst. Auf Dauer schafft man das nur sehr schwer. Aber der

Erfolg motiviert unheimlich.

Martina Gredler absolvierte ein Medizinstudium in Wien,

das sie 1985 abschloss; imAnschluss daran folgte die Aus-

bildung an der Klinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde.

Nach ihrer Zeit als Universitätsassistentin eröffnete sie

1989 ihre Ordination. In den Jahren zwischen 1994 bis 1999

war sieAbgeordnete zumNationalrat; 1995 bis 1996 zudem

Abgeordnete zumEuropäischen Parlament.Weiterswar sie

eingetragene Diplommediatorin beimBundesministerium

für Justiz sowie allgemein beeidete und gerichtlich zertifi-

zierte Sachverständige. Darüber hinaus leitet sie seit 2003

bis dato den QZ für Sachverständige. 2015 gewann sie den

ersten Platz beimGesundheitspreis der StadtWien. Gredler

überzeugte in der Rubrik „Gesund in Einrichtungen/Organi-

sationen“ mit „Zahnfee und Zahnärztin vorOrt“ vomFonds

SozialenWien. Im Rahmen des Projektes werden im Haus

Siemensstraße Zahnbehandlungen und Zahnpädagogik für

wohnungslose Männer angeboten.

Dr. Martina Gredler